Botschafter sein

Ortssprecher Tilo Hemmert (rechts) und 2. Bürgermeisterin Rosa Behon erinnerten am Volkstrauertag daran, dass auch heute noch in vielen Ländern der Welt Kriege geführt werden und dass Demokratie und Freiheit keine Selbstverständlichkeit sind.

Erlach. Zum Gedenken an die Toten der beiden Weltkriege versammelten sich zahlreiche Bürger/-innen aus Erlach am Kriegerdenkmal. „Wir Nachgeborene können nur erahnen, wie es sein muss, Familie und Zuhause zu verlieren, doch die Erinnerung an die Geschichte unseres Dorfes Erlach und damit unsere eigene Geschichte bringt uns die Schrecken des Krieges und das Leid der Flüchtlinge näher“, so Ortssprecher Tilo Hemmert in seiner Begrüßung.

Tilo Hemmert erinnerte an das Schicksal von Emil Ruby, der mit seiner Familie aus Saarbrücken nach Erlach evakuiert worden war. In den letzten Kriegstagen wurde Ruby auf der Straße tödlich von einem Granatsplitter getroffen, als er auf der Suche nach der Frau des verletzten Johann Körber aus Erlach war. „Seine Hilfsbereitschaft war ihm zum Verhängnis geworden,“ schrieb der Dorfchronist Theo Michel.

In ihrer Rede stellte 2. Bürgermeisterin Rosa Behon die gemeinsame Trauer um den einzelnen Menschen in den Mittelpunkt. „Erst wenn wir uns bewusst machen, dass hinter diesen Zahlen einzelne Menschen, wie du und ich, stehen, beginnen wir den Verlust zu fühlen,“ meinte Rosa Behon angesichts der 55 Millionen ermordeten und getöteten Menschen durch den Zweiten Weltkrieg. „Wenn wir uns vergegenwärtigen, dass jeder von ihnen einen Vater hatte, der ihn gezeugt, eine Mutter, die ihn neun Monate ausgetragen und dann unter Schmerzen geboren hat. Wie kostbar ist dann dieser Mensch, welch große Lücke hinterlässt er oder sie. Wie viel Liebe, wie viel kreatives Potenzial, wieviel Lebensfreude ging mit jeder und jedem von ihnen verloren,“ so Behon weiter.

Auch wenn für die jüngeren Deutschen der Volkstrauertag immer ferne rücke, sei er nach wie vor ein wichtiges Datum. Der Volkstrauertag erinnert uns alle gemeinsam daran, dass Frieden keine Selbstverständlichkeit ist.

Tilo Hemmert berichtete von der Begegnung mit Batszewa Dagan, eine der letzten Überlebenden von Ausschwitz, die ihre (oft jungen) Zuhörer nach Diskussionen stets auffordert, in Zukunft Zeugen der Zeugen zu sein. Angesicht des zunehmenden Nationalismus und Rassismus in Deutschland, Europa und den USA ermunterte  Hemmert die Anwesenden ebenfalls Botschafter zu sein, dass sich die schrecklichen Ereignisse des Holocausts nicht mehr wiederholen: „Lasst uns gemeinsam für die Werte eintreten, die uns in Deutschland und Europa tragen und uns mit Amerika verbinden: Demokratie, Freiheit, Respekt vor dem Recht und der Würde des Menschen, unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Religion, Geschlecht, sexueller Orientierung oder politischer Einstellung.“

Feierlich umrahmt wurde die Veranstaltung durch die Schloßkapelle Erlach und eine Fahnenabordnung der Freiwilligen Feuerwehr.