Fremde brachten Leben ins Dorf

Flüchtlinge wohnten vor 70 Jahren Wand an Wand mit den Erlachern

Tilo Hemmert und Joachim Eck

Erlach. Zum Gedenken an die Toten der beiden Weltkriege versammelten sich über 50 Bürger/-innen aus Erlach am Kriegerdenkmal. „Der Volkstrauertag macht uns erneut bewusst, welche Geschichte uns geprägt hat“, so Ortssprecher Tilo Hemmert in seiner Begrüßung.

Er zitiert aus Kindheitserinnerungen des Erlacher Dorfchronisten Theo Michel, der über die Zeit nach dem Ende des II. Weltkriegs vor 70 Jahren in Erlach schreibt: „Leben ins Dorf brachten die vielen Fremden, die der Krieg zu uns verschlagen hatte, Evakuierte, Flüchtlinge, Soldaten. […] Für uns Kinder brachten sie die große, bunte Welt in unser kleines Dorf. Berlin, Königsberg, Leipzig, das waren Namen, die sich höchstens mit einem kleinen Punkt auf der Landkarte verbanden. Nun kannten wir Menschen, die dort gelebt hatten, eine für uns kaum verständliche Sprache hatten – und unsere auch nicht besser verstanden. Wand an Wand wohnten sie mit uns, teilten mit uns Arbeit und Brot.“ Der Blick zurück lässt uns dankbar sein, dass wir seit 70 Jahren in Frieden leben können. Gleichzeitig mahnt er uns, auch heute Flüchtlinge aufzunehmen, die vor Kriegswirren, Verfolgung und Bedrohungen fliehen oder vertrieben werden, so Hemmert.

In seinen Gedanken spannte 3. Bürgermeister Joachim Eck den Bogen von Ochsenfurt zu Europa. Er erinnerte daran, dass es vor 70 Jahren undenkbar war, ohne Grenzkontrollen von einem Land in ein anderes zu fahren. Heute passieren wir Grenzen fast ohne es zu merken, wenn wir in den Urlaub fahren. Auch die Währung muss dank des Euro nicht mehr gewechselt werden. Die Welt sei zusammengerückt. Heute sei fast jeder Deutsche mindestens einmal in seinem Leben im Ausland gewesen. Eck erinnerte an die Verantwortung, die wir als Deutsche – bei allen Schwierigkeiten – für die weitere europäische Integration und den Erhalt des Friedens haben. Er berichtete von Flüchtlingen aus Aleppo, einer Stadt in Syrien, die durch den Krieg heute so stark zerstört sei, wie Würzburg nach dem 16.03.1945. Angesichts der persönlichen Begegnungen und Bilder werde einem umso mehr bewusst, wie wertvoll die 70-jährige Friedenszeit bei uns sei. Nur so konnte eine leistungsfähige Infrastruktur aufgebaut werden. Fließendes Wasser, gut ausgebaute Straßen, jederzeit elektrischen Strom und Kommunikationsnetze – was wir als selbstverständlich betrachten gibt es auch heute nur in den wenigsten Ländern der Erde.

In das Totengedenken schlossen Eck und Hemmert die Opfer der furchtbaren Anschläge in Paris mit ein. Mit einem Friedensgebet rief Annette Jenkner zur Versöhnung zwischen verfeindeten Nationen auf.

Feierlich umrahmt wurde die Veranstaltung durch die Schloßkapelle Erlach und eine Fahnenabordnung der Freiwilligen Feuerwehr.