Erinnerungen müssen sichtbar bleiben

Frieden und Freiheit sind nicht selbstverständlich

Erlach. Zum Gedenken an die Toten der beiden Weltkriege versammelten sich zahlreiche Bürger/-innen aus Erlach am Kriegerdenkmal. In ihrer Rede stellte Landtagsabgeordnete Kerstin Celina die Erinnerungskultur in den Mittelpunkt. Die Erinnerung an die historischen Umstände verlaufe auch in unserer Region nicht konfliktfrei, wie sie am Beispiel der Diskussionen um das Gedenken an Alfred Eck in Baldersheim, sowie an ermordete russische Soldaten in Rieneck aufzeigte.

Alfred Eck bewahrte sein Dorf durch mutige Verhandlungen mit den anrückenden Amerikanern vor sinnlosem Blutvergießen und wurde dafür von einem SS-Hauptmann in Aub zum Tode verurteilt und gehängt.  In zwei Anläufen (1985 und 2015) versuchte man die Grundschule nach Alfred Eck zu benennen, was jedoch bis heute scheiterte.

In Rieneck wurden am Gründonnerstag 1945 auf Befehl eines SA-Brigadeführers fünf sowjetische Kriegsgefangene, die in der Gegend interniert waren, ohne Gerichtsurteil erschossen. Ihnen wurde vorgeworfen, Lebensmittel von einem in einem Tunnel abgestellten Versorgungszug der Wehrmacht gestohlen zu haben. Dass sich dort auch Einheimische bedienten, störte keinen. Der SA-Brigadeführer wählte daraufhin fünf Hitlerjungen im Alter von 13 bis 17 Jahren aus, um seinen Befehl zu vollstrecken. Als Anfang 2012 die Rieneckerin Elfriede Krutsch ihrem Heimatort eine Gedenktafel für die fünf ermordeten Kriegsgefangenen stiften will, stößt sie auf unerwarteten, heftigen Widerstand. In der ersten Abstimmung zu diesem Thema im Stadtrat stimmt nur der Bürgermeister selbst für den Vorschlag. Alle anderen Stadträte sind dagegen. Im Herbst 2014 wird die Initiative erneut abgelehnt und erst im dritten Anlauf Anfang 2015 stimmte der Stadtrat für den Vorschlag.

Das, was geschehen ist, lasse sich nicht mehr rückgängig machen, nicht mehr „wiedergutmachen“, so Kerstin Celina: „Die Toten bleiben tot und die Täter müssen mit ihrer Schuld leben. Aber es ist extrem wichtig, eine sichtbare Erinnerung an das Geschehene und die Ermordeten zu bewahren. Um uns und zukünftige Generationen zu mahnen und daran zu erinnern, dass sich Krieg und Unrecht(sstaat) nicht wiederholen dürfen.“

In seiner Begrüßung zitierte Ortssprecher Tilo Hemmert aus den Erinnerungen des Adalbert Koch, der das Kriegsende in Erlach als Kind miterlebt hat und die Ankunft der Amerikaner schilderte. Er berichtete von brennenden Scheunen, der Flucht in den Wald, Fahrzeugkolonnen mit Panzern und freundlich lachenden GIs, die Obst und Schokolade unter den Kindern verteilten. „Wir Nachgeborene können nur erahnen, wie es sein muss, in jungen Jahren den Vater oder das eigene Zuhause zu verlieren, doch die Erinnerung an die Geschichte unseres Dorfes Erlach und damit unsere eigene Geschichte bringt uns die Schrecken des Krieges und das Leid der Flüchtlinge näher“, meinte Tilo Hemmert nach dem Bericht. Umso wichtiger sei es, sich einmal im Jahr am Kriegerdenkmal daran erinnern, dass Frieden und Freiheit nicht selbstverständlich sind. Tilo Hemmert rief die Anwesenden dazu auf, „täglich im Kleinen und Großen daran zu arbeiten, dass auch unsere Kinder weiterhin in Frieden leben können.“

Feierlich umrahmt wurde die Veranstaltung durch die Schloßkapelle Erlach und eine Fahnenabordnung der Freiwilligen Feuerwehr.

Kerstin Celina veröffentlichte zum Thema auch einen Artikel auf „Focus online“.